Lexikon

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A

Ablaufmodell Ablaufplan: (Programm-Ablaufplan, Flussdiagramm), Diagramm zur Veranschaulichung logischer Abhängigkeiten in einem Computerprogramm.
Abstimmungsweisen In kleinen Gremien wird oft nur mit Handzeichen abgestimmt. Eine geheime, schriftliche Abstimmung muss durchgeführt werden, wenn ein Mitglied sie fordert. Für manche Abstimmungen, z.B. viele Wahlen, ist sie grundsätzlich vorgesehen. Während Abstimmungen und Wahlhandlungen sind Wortmeldungen unzulässig. Die Frage, mit welcher Mehrheit eine Abstimmung entschieden wird, muss vorher geklärt sein. Das steht in der Geschäftsordnung (GO) oder Satzung. Die einfache Mehrheit (mindestens eine Ja-Stimme mehr als Nein-Stimmen) ist immer bezogen auf die Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen. Im Extremfall kann sie zu einem absurden Ergebnis führen: Ein Antrag gilt als angenommen bei einer Ja-Stimme, keiner Nein-Stimme und 30 oder beliebig vielen Enthaltungen. Um solche Fälle zu vermeiden, werden oft stabilere Mehrheiten festgelegt, z. B.
  • die absolute Mehrheit (die Hälfte + 1 Stimme) oder
  • die qualifizierte Mehrheit wie 2/3 oder 3/4.

Dabei muss man immer wissen, was die Bezugsgröße ist: die Gesamtzahl der Anwesenden oder die Mitgliederzahl. Man folgt dem Grundsatz: Je wichtiger und folgenreicher eine Entscheidung ist, desto stabiler sollte der Mehrheitsbeschluss sein. Dazu trägt auch die Feststellung der Beschlussfähigkeit bzw. -unfähigkeit bei. Der Auszug ganzer Gruppen aus Sitzungen z.B. kann eine Beschlussunfähigkeit herbeiführen; demokratische Entscheidungen werden so verzögert oder unmöglich gemacht.
aus: Seminarmaterialien

Antragstellung Man unterscheidet Sachanträge von Anträgen zur Geschäftsordnung (GO-Anträge).
  • Anträge zur Sache
    • Anträge können vor der Sitzung eingereicht werden. Sie werden ein Tagesordnungspunkt (TOP). Wichtige Anträge, die schon vor der Sitzung absehbar sind, sollte man vorformulieren und als Tischvorlage den Teilnehmer/innen schriftlich präsentieren. Denn bei wichtigen Entscheidungen kommt es oft auch auf treffende Formulierungen an. Da sollte man es nicht dem Zufall überlassen, ob einem in der Sitzung unter Zeitdruck und bei Ablenkungen spontan die beste Formulierung einfällt. Allerdings ist die Verhandlungsposition durch die schriftliche Fixierung eingeengt.
    • Anträge zur Sache können auch spontan während der Debatte über einen TOP gestellt werden.
  • GO-Anträge
    • beziehen sich nur auf Verlauf und Form der Debatte, nicht auf den Inhalt. Sie können an jeder Stelle der Diskussion ohne Rücksicht auf die Rednerliste eingebracht werden. Sie werden angezeigt, indem man beide Hände hebt. Solche Wortmeldungen haben immer Vorrang. Sie ermöglichen allen Teilnehmer/innen, den Ablauf der Debatte mitzubestimmen. Hier einige Beispiele:
      • Schluss der Rednerliste:
        Dieser Antrag wird als Manipulationsversuch gewertet, wenn eine Gruppe Gleichgesinnter sich zu Wort gemeldet hat und der letzte von ihnen diesen Antrag stellt. - Wird ein solcher Fall erkannt, bleibt als Gegenmaßnahme nur die Möglichkeit, den Schluss der Debatte zu beantragen!
      • Schluss der Debatte:
        Das kann nur von jemandem beantragt werden, der vorher nicht zur Sache geredet hat; danach erfolgt sofortige Abstimmung, d.h., auch der Leiter darf nichts mehr zur Sache sagen!
      • Redezeitbegrenzung
      • Vertagung
      • Annahme der Tagesordnung:
        Wird bei einer vorgeschlagenen Tagesordnung Widerspruch angemeldet, so findet bereits eine GO-Debatte statt.

Alle GO-Anträge sollten - genauso wie der mögliche Widerspruch dazu - vom Antragsteller jeweils begründet werden. Nach einem GO-Antrag muss über diesen sofort entschieden werden. Erfolgt auf den GO-Antrag keine Gegenrede, gilt er als angenommen, sonst wird abgestimmt.
GO-Anträge können missbraucht werden, z.B. wenn verkappte Sachanträge als angebliche GO-Anträge ausgegeben werden. Es gehört zu den Aufgaben des Leiters, die Unterscheidung von Sach- und GO-Anträgen sorgfältig zu überwachen und Missbrauch zu verhindern.

aus: Seminarmaterialien

Aristoteles griechischer Philosoph, * Stagira in Makedonien 384, † Chalkis auf Euböa 322 v. Chr. ; nach seinem Geburtsort Stagirit genannt, Schüler Platons, seit 342 / 41 Erzieher Alexander des Großen, ging 334 nach Athen und begründete im Lykaion eine Philosophenschule, die nach den dortigen Wandelgängen (peripatoi) die Peritanische Schule genannt wurde. Nach dem Tod Alexander des Großan musste Aristoteles Athen verlassen.

In seiner für das Abendland überaus einflussreichen Philosophie, die auf die greifbare Welt des Alltags konzentriert ist, wirken die Ideen in den Dingen als bewegende Kraft. Aristoteles band das umfangreiche Erfahrungswissen seiner Zeit, welches er sämtlich beherrschte, in eine durch spekulative Grundhaltung gekennzeichnete Systematik, als deren Instrument er die formale Logik entwickelte. Die Prinzipien, aus denen die Einzelerkenntnisse abgeleitet werden können (zum Beispiel der Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch), untersuchte er im Einzelnen in seiner Metaphysik und entwickelte einen für das Abendland richtungsweisenden Apparat mit Begriffspaaren wie Substanz — Akzidenz, Stoff — Form, Potenz — Akt.

Artikulationsorgane zum Beispiel Zunge, Lippen; Artikulationsapparat
Aufklärung Bezeichnung für eine geistesgeschichtliche Epoche, die Ende des 17. Jahrhunderts in England ihren Ausgang nahm und sich im 18. Jahrhundert in ganz Europa und Nordamerika ausbreitet. Sie wurde im wesentlichen vom Bürgertum getragen. Ihr Grundanliegen war es, dem Menschen mithilfe der Vernunft zum „Ausgang aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit" (Immanuel Kant) zu verhelfen.
Der Begriff Aufklärung fasst verschiedene geistige Strömungen zusammen; allen gemeinsam war die Kritik am absoluten Wahrheitsanspruch der Offenbarungsreligion und an der absoluten Monarchie. Der Erkenntnisfortschritt der Naturwissenschaften (besonders durch Isaak Newton) bewirkte die Ausarbeitung eines deistischen (zum Beispiel bei Voltaire), später auch eines materialistisch-atheistischen Weltbildes (u.a. bei D. Diderot, J. O: de La Mettire, P. H. d’Holbach). Staats- und Rechtslehre erhielten neue Grundlagen: An die Stelle der göttlichen Legitimation des Monarchen trat der auf das Naturrecht ergründete Gesellschaftsvertrag (J. J. Rousseau). Gegenüber dem Machtanspruch des Staates seien die Menschenrechte unverzichtbar und gültig. Darum betone auch die Verfassungslehre besonders die Rechte des Einzelnen und die sich aus ihnen ergebenden Grenzen der Staatsgewalt sowie den Gedanken der Gewaltenteilung (J. Locke, C. de Montesquieu). Das neue Gesellschaftsideal sollte durch Anleitung zum freiheitlichen, autonomen Vernunftgebrauch möglich werden. Auf dieser Grundlage werde die stete Vervollkommnung und Verwirklichung eines freiheitlichen, menschenwürdigen und glücklichen Daseins in einer neuen Gesellschaft möglich (Fortschrittsoptimismus).

A

Brainstorming (von engl. brainstorm, „Geistesblitz"): Gruppendiskussion, bei der spontane Einfälle zu einem bestimmten Problem gesammelt werden.

Das Brainstorming ist ein Verfahren, in dem das gemeinsame Sprechdenken einer Gruppe methodisch umgesetzt wird. Zu einem Problem-Thema spricht jeder — reihum — direkt das aus, was ihm dazu in den Sinn kommt. Alle Bewertungen sind ausgeschlossen. Die Teilnehmer sollen laut denken und frei ihre Gedanken assoziieren. Jede Äußerung einer Person kann bei jeder andern neue Ideen auslösen. Alle Ideen werden gleichberechtigt nebeneinandergestellt; sie werden gesammelt, aber weder kommentiert noch direkt geordnet. Am besten werden sie für alle sichtbar an einer Tafel, auf einem Overheadprojektor oder auf einzelnen Karten mitgeschrieben. Auch Doppelnennungen sind möglich. Grundsätzlich darf jeder gelegentlich passen. Wenn in einer Gruppe ein gutes Vertauensklima herrscht, wird nur gepasst, wenn keine Ideen fließen. Fürchtet aber jemand die Bewertung durch andere, setzt oft im Kopf schon eine vorweggenommene Selbstbewertung ein: Was werden die anderen von mir halten, wenn ich das oder das sage? Treten solche Gedanken auf, traut man sich nicht mehr, die Gedanken frei kreisen zu lassen und sich unbefangen am Brainstorming zu beteiligen. Deshalb darf keiner das Gefühl haben, für vielleicht ausgefallene oder unmögliche Ideen kritisiert oder ausgelacht zu werden. Viele kleinere Bemerkungen wie Ach! Hä? Aua! Schon wieder! können schon — auch ungewollt — das Vertrauensverhältnis stören.
Für jedes Brainstorming braucht man Zeit und Ausdauer. Ziel ist es, möglichst viele Ideen zu sammeln. Mit der Quantität soll sich auch die Qualität einstellen. Die ersten Ideen, die benannt werden, sind meistens die allgemein bekannten, die herkömmlichen Vorschläge. Danach entsteht oft ein gewisses Loch. Erst wenn diese Durststrecke überwunden ist und die Gruppe nicht frustriert aufgegeben hat, gelangt man in eine kreative Phase, in der neue Ideen aufkommen. Nach Erfahrungswerten muss man bei schwierigen Problemlösungen oft mehr als 100 Ideen sammeln, bevor man die Lösung findet.
Durch gruppendynamische Experimente hat man festgestellt, dass eine Lösung, die von einer Gruppe gefunden wird, immer besser oder zumindest genauso gut wie die beste Lösung einer einzelnen Person ist. Deshalb sollten Gruppenentscheidungen immer Vorrang vor Einzelentscheidungen haben. Voraussetzung einer guten Entscheidungsfindung in der Gruppe ist eine umfassende Klärung und eine möglichst breite Palette von Lösungsvorschlägen und Ideen, die zur Auswahl stehen. Diese können entweder erst mündlich im Brainstorming oder direkt schriftlich auf Karten gesammelt werden.

aus: Dr. M. Pabst-Weinschenk: „Reden im Studium", S. 31f.

A

Cicero Marcus Tullius, röm. Politiker, Redner und Philosoph, *Arpinum (heute: Arpino) 3.1.106, † (ermordet) bei Caieta (heute Gaeta) 7.12.43 v. Chr.; vereitelte 63 als Konsul die Verschwörung des Catilina. Unter dem Druck der sich verändernden Machtverhältnisse war er 58 / 57 in Exil. In der Zeit danach entstanden seine Hauptwerke. 51 wurde Cicero als Statthalter nach Kilikien geschickt. Im Bürgerkrieg zwischen Pompeius und Cäsar entschied er sich für Pompeius, erlangte aber später die Gunst Cäsars. Nach dessen Ermordung (44) trat Cicero für die Wiederherstellung der Senatsherrschaft ein; dabei geriet er in Gegensatz zu Marcus Antonius, gegen den er seine 14 Philippinischen Reden richtete, und wurde auf dessen Betreiben nach Bildung des 2. Triumvirats geächtet und getötet.
Cicero gilt als einer der größten römischen Redner. Seine Bedeutung als Politiker ist umstritten, unbestritten ist dagegen die Wirkung seiner Schriften, die zum Teil das abendländische Denken nachhaltig beeinflussten. Von seinen Reden sind 58 mehr oder weniger vollständig erhalten. Seine Bildungsschriften teilt man ein in die rhetorischen und die philosophischen; in letzteren will Cicero die drei Hauptgebiete Erkenntnistheorie („Akademische Bücher"), Sittenlehre („Vom rechten Handeln" u.a.) und philosophische Theologie („Über das Schicksal" u.a.) erschließen.
Clustern Cluster (engl. „Klumpen", „Traube"), der:
  1. Musik: Komplex mehrerer komplexer töne im Abstand von Sekunden oder kleineren Intervallen. Cluster werden zum Beispiel auf dem Klavier mit der flachen Hand oder dem Unterarm hervorgebracht.
  2. Physik: als einheitliches Ganzes zu betrachtende Menge von (gegebenenfalls nur zeitwillig) zusammenhängenden (gebundenen) oder in ihrer Bewegung korrelierten Teilchen.
  3. [...]
  4. [...]
  5. Sprachwissenschaft:
    a) Folge von ungleichen Konsonanten;
    b) ungeordnete Menge semantischer Merkmale eines Begriffs, zum Beispiel kann „Sohn" sowohl „Nachkomme" als auch „männlich" bedeuten

Cluster-Plakat:
Eine unsortierte Karten-Wand wird auf einer zweiten Pinnwand zu Inhaltsblöcken (Cluster) geordnet. Jeder Block erhält eine Überschrift.

aus: Seminarmaterialien

A

Debatte (frz., zu débattre „Durchsprechen", „den Gegner mit Worten schlagen", aus lat. battuere „schlagen"): offene Diskussion, Erörterung, Aussprache, besonders bei unterschiedlichen oder gegensätzlichen Auffassungen, die vor allem bei internationalen Konferenzen, politischen Versammlungen und parlamentarischen Verhandlungen durchgeführt wird.

Formal geführte Diskussionen nennt man auch Debatten. Das allgemeine Prozessschema für Sachgespräche kann auch hier zur Orientierung dienen: So muss vor allem der Diskussionsleiter auf formale Regeln achten. In Gremien oder Vereinen liegt die Diskussionsleitung in der Regel beim Vorsitzenden. Er sorgt dafür, dass sich jeder an die Regeln hält, die in der Satzung und Geschäftsordnung verbindlich festgeschrieben sind. In den wesentlichen Punkten geht es immer nach der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages:
  • Rednerliste führen und das Wort erteilen;
  • die Tagesordnungspunkt (TOPs) aufrufen;
  • Wort entzeihen (bei Überschreitung der Redezeit oder wenn jemand vom Thema abschweift);
  • die Mitglieder der Versammlung zur Ordnung rufen, rügen und notfalls ausschließen, wenn sie stören oder andere beschimpfen und beleidigen.

Nach dem Versammlungsrecht, das bindend für öffentliche Versammlungen ist, aber sinngemäß auch auf nicht-öffentliche Versammlungen angewendet wird, hat der Leiter das Ordnungsrecht. Die Teilnehmer sind „verpflichtet, Weisungen des Leiters zu befolgen" (§ 10). Gewohnheitsrechtlich haben sich gewisse Einschränkungen ergeben: So darf der Leiter einem Redner nicht bereits beim ersten Abweichen vom Thema das Wort entziehen, und er darf ihn auch nicht schon bei einer ersten Störung des Saales verweisen. Vielmehr sollte der Leiter zunächst zweimal verwarnen und erst nach dem dritten Verstoß die Konsequenz ziehen (Wortentzug / Saalverweis), nachdem er auf diese Folgen bei der zweiten Verwarnung bereits hingewiesen hat.

Bei einer Debatte wird man allerdings die oben aufgeführten einzelnen Punkte bei jedem einzelnen TOP durchgehen; einzelne Schritte können auch vertagt oder an Ausschüsse delegiert werden. In Debatten wird auch die Entscheidungsfindung formalisiert: Es werden Anträge gestellt (-> Antragstellung) und nach bestimmten Regeln abgestimmt (-> Abstimmungsweisen).

aus: Dr. M. Pabst-Weinschenk, „Reden im Studium", S. 131f.

Didaktik (gr.): ursprünglich Lehrkunst; heute allgemein als die Wissenschaft vom Lehren und Lernen (Unterrichtslehre) aufgefasst oder als die Theorie der Bildungsinhalte und des Lehrplans (Was wird unterrichtet?), der die Didaktik der Methode (Wie wird unterrichtet?) gegenübergestellt wird. Das Verhältnis von Didaktik (Ziel / Inhalt) zur Methode, früher als Primat der Didaktik verstanden, wird als „Implikationszusammenhang" beschrieben, der von „methodischen Leitfragen" strukturiert wird. Die allgemeine Didaktik sucht die innere Gliederung des Bildungsvorganges, den systematischen Zusammenhang der Faktoren allen Unterrichtens sowie die Struktur des Lehrgefüges (Bildungskanon) zu erfassen und allgemeine Unterrichtsprinzipien herauszuarbeiten. Daneben stehen verschieden spezielle Didaktiken wie die Fach-Didaktik (Begründung und Zielsetzung des jeweiligen Fachs, dessen Stellung im Fächerkanon sowie dessen fachspezifischen Inhalte), die Bereichs-Didaktik (Gemeinsamkeiten inhaltlich ähnlich strukturierter Fächer oder Lernbereiche) sowie die Didaktik einzelner Schulstufen (Kriterien für Primarstufe, Orientierungsstufe, Sekundarstufe I und II; Hochschul-Didaktik und die Didaktik der Weiterbildung).

Rhetorik und Didaktik:
Begrifflich geht die Didaktik auf das griechische Verb didáskein (lehren, unterrichten) zurück. Didaktik beschäftigt sich heute mit den Zielen, Inhalten und Methoden des Lehrens und Lernens. In diesem Verständnis wird der Begriff erst seit dem 17. Jahrhundert verwendet. Zuvor wurde er literaturwissenschaftlich für bestimmte, besonders lehrhafte Erzähldichtungen benutzt.
Didaktik im heutigen Sinne als produktive Reflexion über Lehr-Lern-Prozesse wurde in der Rhetorik seit den Sophisten betrieben, wenn auch nicht so terminologisch benannt. Die Sophisten haben den Grundstein für unser heutiges Didaktik-Denken geschaffen. Wenn uns heute selbstverständlich ist, dass Wissen und Können durch Lehren und Lernen erworben werden, so verdanken wir diese Grundüberzeugung den Sophisten. Im 5. Jahrhundert vor Christus war sie neu und revolutionär. Denn Wissen und Können - und damit die Befähigung zum erfolgreichen Reden und Handeln im Staat - galten bis dahin allein dem Mann von Adel als von Geburt an eigen. Die sophistischen Wanderlehrer haben begonnen, die grundsätzliche Bedeutung von Lehre zu reflektieren und öffentlich zu diskutieren. Damit haben sie sie auf eine rationale Grundlage gestellt und zum Gegenstand philosophischer Auseinandersetzung gemacht. Die Sophisten machten also den Gedanken der Didaktik bewusst, füllten ihn mit Inhalt und setzten ihn selbst in ihrer Lehre in die Praxis um. Sie waren Schöpfer von Grammatik, Rhetorik und Dialektik, die als téchnai (später in der römischen Rhetorik als artes) galten, also als lehrbare, auf Anwendung bezogene Theorien, die sich im praktischen Können erweisen. Durch die Sophisten wurde auch Dichtung zum Gegenstand der Lehre. Das Dichterwort steht nicht mehr für sich selbst, sondern wird im Literaturunterricht schulmäßig erklärt und interpretiert. Neben Rhetorik, Grammatik (einschließlich Dichtungsinterpretation) und Dialektik lehrten die Sophisten (z.B. Hippias) verschiedene Sachaspekte aus Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musiklehre. In diesen Lehrinhalten zeigt sich bereits die Lehrplan-Struktur der septem artes liberales mit trivium und quadrivium, die den höheren Unterricht im Mittelalter bis hin zur Gelehrtenschule des 18. Jahrhunderts ausmachten. Auch die Unterscheidung nach Lernvoraussetzungen und Bedingungen wurde von Sophisten bereits getroffen. So hat Protagoras, der älteste und einer der bekanntesten Sophisten, schon festgestellt, dass die Unterweisung (didaskalia) Begabung (physis) und Übung (askesis) brauche. Anlage, Vermittlung und Übung sind auch bei Platon und Aristoteles zentrale didaktische Aspekte. Quintilian schließlich sieht die Redegabe im Zusammenwirken von Natur (natura), Theorie (ars) und Übung (exercitatio) und ordnet die Nachahmung (imitatio), der schon Cicero große Bedeutung beigemessen hatte, der ars unter. (Zum Überblick vgl. Lonni Bahmer: Didaktik. In: Ueding, G. (Hg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Bd. 2. Tübingen 1994, 736-748)

aus: Seminarmaterialien

Dinter, Gustav Friedrich Gustav Friedrich Dinter (1760-1831) hat als Pfarrer in einem Privatseminar Lehrer ausgebildet und wird 1797 wegen seiner Erfolge als Direktor an das Seminar in Dresden-Friedrichsstadt berufen. Ihm kommt es (bei den Seminaristen) nicht auf die Menge der Kenntnisse an, sondern auf Klarheit, Bestimmtheit und Gewandtheit im Vortragen an. Er gilt als Meister der entwickelnden, sokratischen Katechisation: „Der Sokratiker als solcher soll dem Kinde nichts geben, sondern alles aus ihm nehmen". Für die Oberstufe hält er die sokratische Methode als die einzig zulässige: „Pestalozzi ist der König der Unterklasse, Sokrates König der Oberklasse. In der Mittelklasse geht das Kind von diesem zu jenem über, nachdem es seine Kraft verstattet. Beide Männer arbeiten dahin, sich selbst entbehrlich zu machen".

Leonhard Nelson: Die sokratische Methode. 1927

aus: Seminarmaterialien
Drach, Erich * 26.4.1885 in München, † 15.7.1935 in Berlin;
Erich Drach gilt heute unumstritten als Begründen der Sprechkunde und Sprecherziehung und hat als erster eine Gesamtfachdarstellung vorgelegt, seine „Sprecherziehung" von 1922: „Sprecherziehung treiben heißt das Sprechen des Einzelnen planmäßig zur individuell möglichen Höchstleistung führen...". Das meint: Erziehung zum Sprechen nach dem Prinzip „Learning by Doing". Dementsprechend fordert er 1925 aufgrund seiner Mitarbeit an den „Richtlinien für die Höheren Schulen Preußens" zum ersten Mal verbindlich Sprecherziehung.
Des weiteren war Drach Mitbegründer und 1. Vorsitzender des 1930 ins Leben gerufenen „deutschen Ausschusses für Sprechkunde und Sprecherziehung".

A

Einpunktfrage Frage, auf die mit einem einzelnen Stichwort geantwortet werden kann
Fraktionszwang Verpflichtung der Abgeordneten zur einheitlichen Stimmabgabe entsprechend der Festlegung in der Fraktion. Die Ausübung von Fraktionszwang verstößt gegen den in Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG niedergelegten Grundsatz des freien Mandats, wird aber nicht als unzulässig angesehen. Bei Verstoß gegen den Fraktionszwang darf ein Abgeordneter aus der Fraktion oder Partei ausgeschlossen werden, die Niederlegung eines Mandats darf jedoch nicht erzwungen werden.

A

Gesprächsfähigkeit

„Gesprächsfähig ist,
wer im situativ gesteuerten,
personengebundenen,
sprachbezogenen,
formbestimmten,
leibhaft vollzogenen Miteinandersprechen
- als Sprecher wie als Hörer -
Sinn so zu konstituieren vermag,
daß damit das Ziel verwirklicht wird,
etwas zur gemeinsamen Sache zu machen,
der zugleich imstand ist,
sich im Miteinandersprechen
und
die im Miteinandersprechen gemeinsam gemachte Sache
zu verantworten."

(Hellmut Geißner: Sprechwissenschaft. Königstein 1981, 129; Hervorhebungen und Aufteilung auf Zeilen wegen der besseren Lesbarkeit von Pabst-Weinschenk!)

Unbestritten ist: „... das Unterrichtsgespräch in einer Klasse kann nicht besser sein als die Gesprächskunst des Lehrers ..." (Otto Haase: Über das Gespräch. In: Westermanns pädagogische Beiträge, 1953, 169-171, S. 169)

Diese Feststellung ist nicht neu, besitzt aber nach wie vor Gültigkeit. Wer lehrt, bringt anderen wie ein Redner etwas bei und braucht rhetorische Kenntnisse und Erfahrungen. Das wussten schon die antiken Rhetoriker und haben in ihren Redelehren auch Grundsätzliches zur Bildung und Didaktik reflektiert.

aus: Seminarmaterialien

Gesprächsideal Ausgeglichenheit Einzelne Steuerungsmittel bringen die Beziehung zwischen den Gesprächsteilnehmern aus dem Gleichgewicht. Für einen kurzen Moment ist das oft nicht schlimm, wenn sich die Waage wieder einpendelt. Werden aber einzelne Steuerungsmittel gehäuft eingesetzt, gerät die Beziehung aus dem Gleichgewicht, und das Gespräch kippt um. Dann geht es mehr um Beziehungsrangeleien, Machtkämpfe, nicht mehr vorrangig um die Sache. Unter dem Vorwand sachlicher Auseinandersetzung werden oft persönliche Beziehungskriege geführt. Beim Miteinandersprechen spielt nicht nur das, was gesagt wird, eine Rolle. Ständig wird der Sinn von Äußerungen durch die Art und Weise, wie miteinander geredet wird, kommentiert. Der Ton macht die Musik! und erzeugt Wechselwirkungen: Wie man in den Wald ruft, so schallt es zurück. Eine einfache Feststellung wie Es zieht. kann schnell zu einem Vorwurf, einer Drohung oder einer lieben Bitte werden.

Wie Körpersprache, Sprechausdruck und sprachliche Äußerungen zusammenwirken und dass sie immer Repräsentationen der gedanklichen Vorbereitung (inhaltliche Durchdringung, Emotion, Einwirkungswillen) und persönlicher Einstellungen sind, zeigt die Rede-Pyramide.

aus: Seminarmaterialien
Gesprächsmodelle
  • Unterricht ist ein Gesprächsprozess:
    • In der Lehr-/Lernsituation interagieren Schüler/innen untereinander und mit der jeweiligen Lehrperson. Sie handeln miteinander, in Bezug auf bestimmte Themen und verständigen sich nonverbal und verbal. Thematische Arbeit und Beziehungsgestaltung werden nicht nur von institutionellen Vorgaben wie asymmetrische Rollenverteilung mit Aufsichtspflicht, Benotungs- und Ausschlussrecht der Schüler/innen durch Lehrer/innen, inhaltlichen Richtlinien und Lehrplanbestimmungen sowie organisatorischen Erlassen und Vorschriften bestimmt, sondern immer auch durch die aktuelle Gesprächsorganisation im Unterrichtsprozess.
  • Möglichkeiten der Gesprächsorganisation bieten verschiedene Gesprächsformen wie
    • das sokratische Gespräch
    • die freie Diskussion
    • die Diskussion mit Rollenspielkarten
    • Debattenformen
    • die Moderation
    • die Projektorganisation

aus: Seminarmaterialien

Gesprächsregeln/-disziplin Man unterstellt sich gegenseitig Wahrhaftigkeit, geht davon aus, dass man sich bemüht, Relevantes verständlich und nur so umfangreich wie notwendig mitzuteilen und sich gegenseitig zuhören und sich nicht ständig zu unterbrechen.

aus: Seminarmaterialien
Gorgias von Leotinoi, gr. Sophist und Rhetor, *Leontinoi (heute Lentini, Sizilien) um 485 v. Chr., † Larissa (Thessalien) um 380 v. Chr.; kam 427 v. Chr. als Gesandter nach Athen und führte dann nach Art der sophistischen Redner ein Wanderleben; lehrte voller Skepsis:
  1. Es ist nichts;
  2. wäre aber etwas, so würde es unerkennbar sein;
  3. wäre etwas und dies zudem erkennbar, so wäre es doch nicht mitteilbar.

Er ist Hauptperson in dem nach ihm benannten Platonschen Dialog.

A

Hippias von Elis, gr. Philosoph und Mathematiker Ende des 5. Jahrhunderts; Sophist, von Platon in den gleichnamigen Dialogen geschildert; philosophisch bedeutend ist seine Unterscheidung von Naturrecht und menschlichem Gesetz.

A

Icon (engl. „Bild", „Ikone"): besondere Bezeichnung für Piktogramme (=eindeutiges und einfaches Bildzeichen; allgemein verständlich stilisierte bildliche Darstellung zur Informationsvermittlung), speziell im Computerbereich

A

Kartenabfrage Kartenabfrage:
Jedes Gruppenmitglied schreibt verdeckt seine Stichworte auf Karten. Zeitbedarf: 10 - 15 Minuten. Der Moderator sammelt die Karten ein, mischt sie und heftet sie an. Die Karten können schon beim Deuten in Cluster sortiert werden. Zeitbedarf: ca. 30 Sekunden pro Karte

aus: Seminarmaterialien
Klärungsgespräch zur Problem- / Konfliktlösung
Kleist, Heinrich von Heinrich von, Schriftsteller, * Frankfurt (Oder) 18.10.1777, † Berlin 21.11. 1811; Sohn eines preußischen Hauptmanns; quittierte 1799 den Dienst in der preußischen Armee und begann ein Philosophiestudium (v. a. Kant). 1807 wurde er in Berlin als Spion von den Franzosen verhaftet und sechs Monate inhaftiert; danach ging er nach Dresden und redigierte den einzigen Jahrgang der Zeitschrift „Phoebus". Nachdem er sich kurze Zeit in Prag aufgehalten hatte, kehrte er 1809 nach Berlin zurück und gab dort 1810 / 11 die „Berliner Abendblätter" heraus. Ebenfalls 1810 / 11 erschienen in 2 Bänden seine Erzählungen. Nachdem ihm sein letztes Drama nicht den erhofften Erfolg gebracht hatte, schied er zusammen mit dem befreundeten Henriette Vogel (*1773) am Morgen des 21.11.1811 am Ufer der Kleinen Wannsees freiwillig aus dem Leben. Mit L. Tiecks Herausgabe der „Hinterlassenen Schriften" (1821) begann das Verständnis für die überragende Gestaltungskraft des Dichters.
Kohortentheorie siehe Beitrag
konstruktive Kritik Eine Rede wird immer in ihrer gesamten Wirkung auf die Zuhörer besprochen. Die Teilnehmer sollen sich gegenseitig Rückmeldungen geben. Konstruktiv und damit annehmbar wird jede Kritik, wenn sie folgende Spielregeln beachtet:
  • nicht pauschal bewerten, sondern möglichst genaue Beobachtungen mitteilen;
  • nicht nur negative, sondern auch positive Punkte nennen, am besten erst das Positive, dann das Negative;
  • die Beobachtungen und den persönlichen Wirkungseindruck beschreiben, am besten persönlich formuliert: ich statt man oder das;
  • nicht appellieren und dem anderen keine guten Ratschläge geben.

Rückmeldungen sind immer persönliche Eindrücke, und nicht jeder empfindet etwas genau wie der andere. Selbst die Beobachtungen sind subjektiv, jeder nimmt auswählend wahr: Das, was für ihn persönlich wichtig ist, fällt ihm auch bei anderen eher auf. Deshalb können auch Redewirkungen sehr unterschiedlich sein: Dem einen gefällt eine Rede mehr, dem anderen weniger. Angesichts der Vielfalt der Rückmeldungen kann nur der Sprecher selbst entscheiden, ob und wie er sein Verhalten verändern möchte. Diese Entscheidung kann ihm keiner abnehmen, sie liegt in seiner Verantwortung.

aus: Dr. M. Pabst-Weinschenk, „Reden im Studium", S. 17

kontrollierter Dialog
  • gegen Missverständnisse
  • für guten Kontakt

Funktionsweise:
Beim Kontrollierten Dialog wiederholt man jeweils den Gesprächsbeitrag des Vorredners, bevor man die eigenen Gedanken äußert. Wiederholen oder auch ‘Paraphrasieren’ bedeutet, dass der gedankliche Sinn dessen, was der Vorredner gesagt hat, in eigene Worte gefasst wird. Es reicht nicht, wenn einfach 'nachgeplappert' wird. Wenn die Wiederholung aus Sicht des Vorredners sinngemäß korrekt ist, bestätigt er das kurz sprachlich (z.B. ja) oder non-verbal (z.B. Kopfnicken). Erst dann schließt man seinen eigenen Gesprächsbeitrag an.

Gesprächsübung:
Bitte wählen Sie sich zu zweit ein Thema, bei dem Sie möglichst nicht einer Meinung sind. Versuchen Sie, es kontrolliert zu diskutieren. Bevor Sie dem anderen antworten, fassen Sie immer erst mit eigenen Worten kurz zusammen, was er gesagt hat. Wenn eine dritte Person die Übung beobachtet, kann sie Ihnen zurückmelden, wie gut Sie zusammengefasst haben. Beim Kontrollierten Dialog entsteht ein zeitverzögertes Gespräch, in dem der Ablauf jeweils durch die zusammenfassenden Wiederholungen unterbrochen wird. Man zeigt sich damit gegenseitig das, was man verstanden hat. Dieses verstehende Wiederholen und Zusammenfassen soll zu Übungszwecken während des gesamten Gesprächs durchgeführt werden. Dass man im Alltag nicht immer so kontrolliert diskutieren kann, versteht sich von selbst. Es ist eine Übung. Man sollte aber in der Lage sein, jederzeit einen Gesprächsablauf so kontrollieren zu können.

Einsatzmöglichkeiten:
Der Kontrollierte Dialog kann in der Kommunikation immer dann eingesetzt werden, wenn die Gefahr besteht, dass sich Gesprächspartner nicht richtig verstehen. Er hilft bei sprachlichen, aber auch bei sachlichen oder persönlichen Missverständnissen. Der Kontrollierte Dialog ist also nicht ständig zu gebrauchen. Denn erstens kostet er Zeit und behindert den Gesprächsfluss und zweitens fühlt sich ein Gesprächspartner nicht mehr ernst genommen, wenn Banalitäten wiederholt werden, die leicht verständlich sind.

Vorteile:

  • Man gibt dem Gesprächspartner zu verstehen, dass man ihm zuhört. Die Gesprächsbeziehung wird hergestellt bzw. gestärkt.
  • Man sichert das Gespräch vor Missverständnissen, bzw. baut sie ab.
  • Dadurch, dass der Sprecher den Gesprächsbeitrag des Partners wiederholt, versteht er besser, was dieser gemeint hat. Dadurch kann er besser darauf eingehen und zielgerichteter argumentieren.
  • Durch die Wiederholung gewinnt man etwas Zeit, seine eigene nächste Äußerung zu planen.
  • Der inhaltliche Faden des Gesprächs geht nicht so leicht verloren.

Literaturhinweise

  • Antons, Klaus: Praxis der Gruppendynamik. Göttingen: Hogrefe, 3. Aufl. 1975, 87)
  • Brocher, Tobias: Gruppendynamik und Erwachsenenbildung. Braunschweig 1967
  • Geißner, Hellmut: Sprecherziehung. Königstein 1982, 112-117
  • Janning, Jürgen: Zur Didaktik und Methodik des kontrollierten Dialogs. In: Gewehr, Wolf (Hg.): Sprachdidaktik. Neue Perspektiven und Unterrichtsvorschläge. Düsseldorf 1979, 153-165
  • Pabst-Weinschenk, Marita: Reden im Studium. Frankfurt/M. 1995, 129f.
  • Pabst-Weinschenk, Marita: Mündlich argumentieren. Praktische Rhetorik für die Schule. In: Jahrbuch Rhetorik, Bd. 17. Tübingen 1998, 106-133, speziell 126-128
  • Pawlowski, Klaus: Partnerzentriertes Sprechen als Dialogstrategie. Zur Theorie und Didaktik der Rhetorik. In: Jahrbuch Rhetorik, Bd. 1. Tübingen 1980, 70-88
  • Pawlowski, Klaus; Riebensahm, Hans: Konstruktiv Gespräche führen. Reinbek 1998, 89-101
  • Plachta, Bodo: Der „Kontrollierte Dialog". Vermittlung von Grundlagen zur Gesprächsführung im Unterricht. In: Diskussion Deutsch, 16, 82, 1985, 134-139
  • Potthoff, Ulrike; Steck-Lüschow, Angelika; Zitzke, Elke: Gespräche mit Kindern. Frankfurt/M. 1995, 98
  • Potthoff, Ulrike; Steck-Lüschow, Angelika; Zitzke, Elke: Kommunikatives Handwerkszeug für Unterrichtsgespräche. In: Pabst-Weinschenk, Marita; Wagner, Roland W.; Naumann, Carl L. (Hg.): Sprecherziehung im Unterricht. München/Basel 1997, 8-18, speziell S. 17
Körpersprache die Gesamtheit des zur nichtsprachlichen Kommunikation rechnenden Ausdrucksverhaltens des Menschen, zum Beispiel Mimik, Blickkontakt, funktionale Gestik oder Ableitungsbewegungen, offene oder geschlossene Haltung sowie die Atmung.

A

Leitung Damit Debatten und Diskussionen im größeren Kreis geordnet ablaufen können, braucht man einen Leiter bzw. eine Leiterin. Sie ordnen das Gespräch inhaltlich, diskutieren aber selbst nicht mit. Die Leitung hat inhaltsbezogene und formale Aufgaben.
  • Inhaltsbezogene Leitungsaufgaben:
    • Probleme benennen, Fragen stellen: In das Thema einführen und die Teilnehmer/innen um ihre Meinung fragen. Wenn eine Frage ausdiskutiert ist, zur nächsten Frage übergehen. Manchmal auch mit Zusatzfragen die Diskussion wieder in Gang setzen.
    • Ergebnisse zusammenfassen, bevor die nächste Frage behandelt wird.
  • Formale Leitungsaufgaben:
    • Die Leiterin oder der Leiter muss auf die formalen Spielregeln achten. In Gremien oder Vereinen liegt die Gesprächsleitung in der Regel bei dem oder der Vorsitzenden. Sie sorgen dafür, dass sich alle an die Regeln halten, die in der Satzung und Geschäftsordnung verbindlich festgelegt sind. In den wesentlichen Punkten folgen Vereinsstatuten und öffentliche Gremien der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages. Allgemeine formale Leitungsaufgaben sind:
      • Rednerliste führen und das Wort erteilen
      • für eine Tagesordnung sorgen und die Tagesordnungspunkte (TOPs) aufrufen
      • das Wort entziehen bei Überschreitung der Redezeit oder wenn jemand vom Thema abschweift
      • die Mitglieder der Versammlung zur Ordnung rufen, rügen und notfalls ausschließen, wenn sie stören oder andere beschimpfen und beleidigen.
    • Nach dem Versammlungsgesetz, das bindend für öffentliche Versammlungen ist, aber sinngemäß auch auf nicht-öffentliche Versammlungen angewendet wird, hat der Leiter oder die Leiterin das Ordnungsrecht. Im Bereich der Hochschule sind die Dozent/innen jeweils auch Leiter/innen ihrer Veranstaltungen im Sinne des Versammlungsgesetzes. Die Teilnehmer/innen sind „verpflichtet, Weisungen des Leiters zu befolgen" (§ 10). Gewohnheitsrechtlich haben sich gewisse Einschränkungen ergeben: So darf der oder die Leiter/in Redner/innen nicht bereits beim ersten Abweichen vom Thema das Wort entziehen, und man darf sie auch nicht schon bei einer ersten Störung des Saales verweisen. Vielmehr sollte zunächst zweimal verwarnt und erst nach dem dritten Verstoß die Konsequenz (Wortentzug/Saalverweis) gezogen werden. Auf diese Konsequenz wird ausdrücklich bei der zweiten Verwarnung hingewiesen.
      Bei Spieldebatten oder anderen Gesprächsmodellen gelten die Regeln, die jeweils bekannt gegeben und vereinbart worden sind.
lexikalisch
  1. das Lexikon betreffend
  2. die Untersuchung von isolierten Wörtern (ohne Satz-, Text- und Verwendungszusammenhang) betreffend

A

Metakommunikation
  1. über verbale Verständigung hinausgehende Kommunikation, wie Gestik, Mimik o. Ä.
  2. Kommunikation über einzelne Ausdrücke, Aussagen oder die Kommunikation selbst
  3. Sprachwissen über das sprachliche Repertoire; Fachwissen
Methoden-Repertoire Methode (von gr. méthodos „Weg", „Gang einer Untersuchung"): das planmäßige Verfahren zur Erreichung eines bestimmten Zieles; speziell Charakteristikum für wissenschaftliches Vorgehen (zum Beispiel die deduktive, induktive, experimentelle Methode).
Mind-Map Mind-Map:
In die Mitte eines Plakates wird das Thema oder die Frage geschrieben. Wie bei einer Aufsicht auf einen Baum bildet es den zentralen Stamm. Die Teilnehmer/innen nennen 2 oder 3 Hauptaspekte, die auf dicke Äste geschrieben werden. In beliebiger Reihenfolge werden weitere Hauptaspekte oder Einzelpunkte benannt und den Ästen als weitere Zweige zugefügt. Anschließend können zusammenhängende Punkte durch Pfeile oder Linien verdeutlicht werden. Zeitbedarf: 15 - 25 Minuten

aus: Seminarmaterialien
Moderation Moderation wird hier nicht im medienrhetorischen Verständnis (Ansage oder verbindender Textbeitrag) verstanden, sondern als eine eigenständige Gesprächsmethodik, die systematisch das Prinzip der Visualisierung nutzt. Dabei ist der/die Moderator/in kein(e) wissende(r) Gesprächsleiter/in, der/die die Gruppe zum richtigen (vorgegebenen) Ziel führt, sondern hat eher ‘Hebammenfunktion’ wie im sokratischen Gespräch. und unterstützt die Gruppe bei der Entwicklung ihrer eigenen Gedanken und Lösungen. Er/Sie nimmt eine fragende, keine behauptende Haltung ein und betrachtet die Gruppenmitglieder als selbständige, kompetente Menschen, die nicht von oben herab geleitet, sondern ernst genommen und unterstützt werden wollen. Dem entspricht ein ganzheitliches Menschenbild: Gruppenmitglieder sind nicht nur Wissensträger, sondern haben auch Gefühle und Bedürfnisse. Eine Moderation kann als Lernprozess mit der Gruppe betrachtet werden.

aus: Seminarmaterialien
Moderations Methoden-Repertoire ModerationsMethoden-Repertoire:
  • Informationsplakat / Präsentationsszenario
    • Plakate, mit denen der Moderator seine Informationseingaben unterstützt oder Kleingruppen über ihre Arbeitsergebnisse berichten.
  • Zuruffrage
    • Offenes Zurufen der Stichworte zum Moderator. Er schreibt auf.
      Die Karten werden in einem zweiten Durchgang in Cluster sortiert.
      Zeitbedarf: 10 - 20 Minuten
  • Kartenabfrage
    • Jedes Gruppenmitglied schreibt verdeckt seine Stichworte auf Karten. (Zeitbedarf: 10 - 15 Minuten.)
      Der Moderator sammelt die Karten ein, mischt sie und heftet sie an. Die Karten können schon beim Deuten in Cluster sortiert werden. (Zeitbedarf: ca. 30 Sekunden pro Karte.)
  • Cluster-Plakat
    • Eine unsortierte Karten-Wand wird auf einer zweiten Pinnwand zu Inhaltsblöcken (Cluster) geordnet. Jeder Block erhält eine Überschrift.
  • Themenspeicher
    • Geordnete Liste der Cluster-Überschriften. Es können Spalten für die Gewichtung, Zeitangaben usw. vorgesehen werden.
  • Maßnahmenkatalog / Tätigkeitskatalog
    • Wie Themenspeicher, nur mit klaren Verantwortlichkeiten, Zeitangaben usw.
  • Bewertungsfrage (oder provozierende These)
    • Auf einer Skala bewertet jedes Gruppenmitglied mit einem Punkt.
  • Gewichtungsfrage
    • In einem Themenspeicher (Liste) gewichtet jedes Gruppenmitglied Teilthemen mit mehreren Punkten (3 bis 7 pro Person).
      Die Gewichtung kann auch anonym durchgeführt werden. Die Stimmabgabe erfolgt dann über gefaltete Karte an den Moderator, der die Punkte klebt.
  • Flagge zeigen
    • Mit 'Flaggen' ([!] = ich stimme zu, [?] = weiß nicht, habe Bedenken, [Blitz] = halte ich für falsch) wird ein Meinungsbild der gesamten Gruppe festgestellt.
  • Fragenfolgen
    • Arbeitsschritte für die Kleingruppenarbeit in Form von Leitfragen.
  • Ergebnis-Protokoll
  • Blitzlicht
    • Zu einer bestimmten Frage nimmt jeder Teilnehmer kurz Stellung, außer er lehnt dies ausdrücklich ab. Er spricht nur für sich und über sich. Es wird nicht diskutiert, alle Äußerungen werden kommentarlos zur Kenntnis genommen.
  • Stimmungsbarometer
    • Momentane Stimmung wird auf einer vorgegebenen Skala erfasst, zusätzlich können persönliche Kommentare notiert werden.
  • Graffiti
    • Im Raum verteilt stehen Plakatwände mit Satzanfängen, wie z.B. „Am schönsten wäre es, wenn hier ..." oder „ Am meisten habe ich Angst davor, dass ..."
  • Vier-Felder-Tafel
    • Die Plakatwand wird mit einer Überschrift versehen und in vier Felder aufgeteilt. In jedem Feld wird ein thematischer Teilaspekt des Themas bearbeitet, z. B. Ist, Soll, Lösungen, Widerstände.
  • Mind-Map
    • In die Mitte eines Plakates wird das Thema oder die Frage geschrieben. Wie bei einer Aufsicht auf einen Baum bildet es den zentralen Stamm. Die Teilnehmer/innen nennen 2 oder 3 Hauptaspekte, die auf dicke Äste geschrieben werden. In beliebiger Reihenfolge werden weitere Hauptaspekte oder Einzelpunkte benannt und den Ästen als weitere Zweige zugefügt. Anschließend können zusammenhängende Punkte durch Pfeile oder Linien verdeutlicht werden. Zeitbedarf: 15 - 25 Minuten

aus: Seminarmaterialien

A

Pabst-Weinschenk, Dr. Marita Homepage
Paraphrase (Sprachwiss.): die Umschreibung eines sprachlichen Ausdrucks mit anderen Wörtern oder Ausdrücken; freie, sinngemäße Übertragung in eine andere Sprache
Perspektive-Übernahme Perspektive (lat.): allgemein sich von einem bestimmten Standpunkt aus (individuelle oder gruppenspezifische Lebenssituation; wissenschaftliche Voraussetzungen) ergebende Betrachtungsweise, Blickwinkel; Zukunftsaussicht, -erwartung.

Perspektive-Übernahme besteht nach Flavell aus fünf Teilfähigkeiten:

  1. Existence:
    Wissen um das Vorhandensein einer anderen Perspektive;
  2. Relevance:
    Erkennen der Bedeutung für das eigene Handeln;
  3. Abilitity:
    Fähigkeit zur genauen Analyse;
  4. Performance:
    Bewussthalten der Analyse-Ergebnisse trotz der sich ständig aufdrängenden eigenen Sichtweise;
  5. Application:
    Anwendung der Ergebnisse im Hinblick auf ein bestimmtes Ziel.

(Vgl. Flavell, John H.: Rollenübernahme und Kommunikationsfertigkeiten bei Kindern. In: Graumann, Carl F.; Heckhausen, Heinz (Hg.): Funkkolleg: Grundlagentexte, Pädagogische Psychologie 1. Frankfurt/M.: Fischer 1973, 201 - 220; Ders.: Rollenübernahme und Kommunikation bei Kindern. Weinheim/Basel: Beltz 1975)

aus: Seminarmaterialien

Pestalozzi Johann Heinrich, schweizerischer Pädagoge und Sozialreformer; * Zürich 12.1.1746, † Brugg 17.2.1827; errichtet mit seiner Frau 1774 bei Birr im Aargau eine Erziehungsanstalt für arme Kinder, die bis 1779 bestand. Nach kürzeren pädagogischen Unternehmungen (1800 Schulgründung in Burgdorf, Zusammenarbeit mit P. E. Fellenberg) wirkte er 1804 - 25 im waadtländischen Yverdon-les-Bains. Von dort ging eine europäische Erziehungsneuerung größten Umfangs aus. Pestalozzi gilt als Schöpfer der modernen Volksschule. Die Erziehung suchte er auf die „Anschauung" als den inneren Sinn des Menschen für die Ordnung der Welt, auf „Liebe" und „Glauben" zu gründen. Er betonte die Einheit von geistiger, sittlicher sowie körperlich-werktätiger Entwicklung („Kopf, Herz, Hand"). Vorbild aller Erziehung war ihm die Familie.
Platon (lat. Plato), gr. Philosoph, * Athen 427 v. Chr., † ebd. 348 /347 v. Chr.; gründete in Athen zwischen 387 und 385 die Akademie. Seine Philosophie ist entscheidend geprägt von seinem Lehrer Sokrates, von Euklid und den Pythagoreern beeinflusst; sie nimmt des sokratischen, stufenweise zur Erkenntnis führenden Dialogs auf. Kernstück seiner Philosophie ist die Ideenlehre.

Von Platon sind zahlreiche Dialoge und Briefe erhalten. (-> Sokrates-Dialoge)

Bei Platon liegt der Schwerpunkt des Wirkens genauso wie bei Sokrates in der mündlichen Lehre. Platons schriftliche Werke haben fast alle die Form von Dialogen, in denen Sokrates die beherrschende Gestalt ist. Dabei ist es schwierig auseinander zu halten, was Sokrates und was Platon zuzuordnen ist.

aus: Seminarmaterialien

Projektorganisation Projektmanagement: Gesamtheit der Planungs-, Leitungs- und Kontrollaktivitäten bei zeitlich befristeten Vorhaben (zum Beispiel Anlagenbau, Reorganisationsmaßnahmen, Forschungsprojekte). Arten des Projektmanagements sine die Stab-Projektorganisation, die Matrix-Projektorganisation und die reine Projektorganisation, bei der die mit Projektaufgaben betrauten Personen einer selbständigen organisatorischen Einheit unter der Leitung eines Projektmanagers zugeordnet werden.
Protagoras gr. Philosoph, * Abdera um 485 v. Chr., † um 415 v. Chr.; Wanderlehrer, der bedeutendste der Sophisten; wurde in Athen wegen Gottlosigkeit verurteilt, ertrank vermutlich auf der Flucht. Sein Satz: „Der Mensch ist das Maß aller Dinge" ist die Grundlage seines Relativismus (alles ist, wie es dem Einzelnen erscheint), mit dem sich Platon auseinander setzte.

A

Quadrivium (lat. „Vierweg"), ein Teil der freien Künste: die vier mathematischen Bereiche (Arithmetik, Geometrie, Astronomie, Musik)
Quintilian eigentlich Marcus Fabius Quintilianus, * Calagurris (heute Calahorra, La Rioja) etwa 30 n. Chr., † Rom, um 96; wirkte seit 68 als Redner in Rom und schrieb im Alter zwölf Bücher seiner „Institutio oratoria". Die formal-rhetorische Ausbildung ist für ihn die Grundlage der Erziehung. Sein Werk wirkte stark auf die Humanisten.

A

Rede-Pyramide Direkt auf den Zuhörer wirkt nicht der Inhalt, sondern die Art, wie etwas gesagt wird. Dieses Wie einer Rede ist die äußere Form, die Präsentation: die Formulierung, der Sprechausdruck und die Körpersprache. Zusammen stellen sie die Zeichen der menschlichen Verständigung das.
Die Körpersprache bildet das Fundament, darauf bauen sich der Sprechausdruck und schließlich die Wortsprache auf. Die Entwicklung von der Körpersprache zur Wortsprache kann man sowohl menschheits- als auch individualgeschichtlich feststellen: Ähnlich wie sich die verschiedenen Menschheitssprachen aus den ersten Lauten der Urmenschen bei der Verständigung im gemeinsamen Tätigkeitsprozess herausgebildet haben, erwerben kleine Kinder in aller Welt die Wortsprache aus den ersten körpersprachlichen und lautlichen Äusserungsformen: Strampeln, Schreien usw. Erst im Laufe der Jahre wird nach und nach das differenzierte System der Wortsprache erlernt, die Bedeutungen werden aus dem Handlungskontext herausgelöst. Die Wortsprache ist also das höchst entwickelte und zuletzt erworbene Verständigungssystem. Diese Entwicklung, die jeder gesunde Mensch durchlebt hat, wirkt immer mit, wenn wir reden.
Treten zum Beispiel Probleme bei der Formulierung auf, sei es, daß dem Sprecher ein passendes Wort fehlt oder der Gesprächspartner bestimmte Wörter nicht versteht, wird automatisch auf das einfachere, zugrundeliegende System der Körpersprache zurückgegriffen: Wir gestikulieren oder zeigen etwas auf.

Auch die Einschätzung von Glaubwürdigkeit folgt dieser Entwicklung: Dem Augenschein der Körpersprache und der Anschaulichkeit des Sprechausdrucks glaubt man immer mehr als den Worten. Offensichtlich ist dies bei ironischen Äußerungen wie Das hast du fein gemacht oder Ich werd’ dir helfen. Werden sie nicht mit freundlichem Ton, netter Mimik und offener Gestik gesagt, weiß jeder — trotz des positiven Wortsinns —, daß Kritik, Tadel bzw. eine Drohung gemeint ist. Oder wenn jemand mit verärgertem Sprechausdruck behauptet, er sei nicht aggressiv, glaubt ihm niemand; man denkt vielmehr, daß er sehr wohl verärgert ist, aber seinen Ärger nicht zugeben will. Körpersprache und Sprechausdruck leiten immer unser Verständnis.
Gut reden zu können ist aber dennoch mehr als das sichere Auftreten und der schöne Klang beim Sprechen. Es geht immer auch um das Was, also die Inhalte und Absichten. Das inhaltliche Konzept bezieht sich nicht nur auf die Sache; es geht vielmehr um das Konzept der gesamten Kommunikationssituation: Wie wird die Sache (S) dargestellt? Wie drückt sich der Sprecher (Sp) aus? Wie wirkt er auf den Zuhörer (Zh) ein? Welche Beziehung entsteht? Wie sind die gegenseitigen Einschätzungen der Situation (Sit)? Welches Hauptziel wird verfolgt? Auf der Basis dieser Einschätzung der Kommunikationssituation werden eine passende Gliederung und geeignete Argumentationsstrategien, Fragetechniken, Antwortmöglichkeiten etc. ausgewählt.
Das inhaltliche Konzept beeinflusst seinerseits immer auch die äußere Form. Wenn ich zum Beispiel sachlich informieren möchte, werde ich anders sprechen als ein Redner, der Wähler überzeugen möchte. Man muss also zusätzlich von einer Wechselwirkung zwischen Form und Inhaltskonzept ausgehen.
Aus dem Zusammenspiel von Präsentation und Inhaltskonzept zieht man als Zuhörer auch Rückschlüsse auf die Person des Sprechers. Man hat einen Eindruck von der Rede und entwickelt daraus Vorstellungen über die Persönlichkeit des Redners und seine Einstellungen. Kommunikative Einstellungen erwachsen aus der Kommunikationsbiographie eines Menschen und lassen sich zurückführen auf die zentrale Frage, ob Kommunikation als Konkurrenz oder Kooperation eingeschätzt wird.
Diese verschiedenen Aspekte (Form, Inhalt und Person), die bei jeder Rede zusammenwirken, kann man in Form einer dreiseitigen Pyramide darstellen. Wenn wir eine Rede hören und sehen, nehmen wir direkt und unmittelbar die äußere Form (Seite 1) wahr, versuchen das Inhaltskonzept (Seite 2) zu verstehen und ziehen Rückschlüsse auf den Sprecher, auf seine Person und seine Einstellungen (Seite 3).
Ein Redetraining muss alle drei Seiten und ihre verschiedenen Ebenen umfassen. Allerdings muss man darauf achten, daß beim Redetraining die Körpersprache, optische Unterstützung durch Medien und Sprechausdruck, also die motorischen Sprechfähigkeiten, nicht losgelöst von der sprachlichen Formulierung geübt werden können; und die ganze Präsentation macht keinen Sinn, wenn sie nicht von einem inhaltlichen Konzept ausgeht.
Merke: Reden ist eine komplexe Handlung, die sowohl motorische Sprechfähigkeiten als auch kognitive Fähigkeiten umfasst und immer von persönlichen Einstellungen beeinflusst ist.

vgl. Dr. M. Pabst-Weinschenk, „Reden im Studium", Grafiken S. 24/25

aus: Dr. M. Pabst-Weinschenk, „Reden im Studium", S. 23ff.

Literatur zur Rede-Pyramide: Pabst-Weinschenk, Marita

  • (1995): Reden im Studium. Ein Trainingsprogramm. Frankfurt/M.: Cornelsen-Scriptor, 23ff
  • (1998a): Mündlich argumentieren. Rhetorik. Ein internationales Jahrbuch 17. Tübingen, 106-133
  • (1998b): Rhetorische Überlegungen zum Kommunikationsprozess in der Therapie. Sprache, Stimme, Gehör 22, 4, 188-192
  • (1999a): Zufriedene Kunden. Ein Beitrag zur kooperativen Verkaufsrhetorik. In: Mönnich, A.; Jaskolski, E. W. (Hg.): Kooperation in der Kommunikation. München, Reinhardt, 159-167
  • (1999b): KOPF - BAUCH - FUSS - Wo steht die moderne Rhetorik? In: Mönnich, A. (Hg.): Rhetorik zwischen Tradition und Innovation. München, Reinhardt, 80-92
  • (2000): Sprechwerkstatt. Braunschweig, Westermann, (in Druck)
Rhetorik (gr. „Redekunst"): die Kunst der Rede als Praxis, zugleich Theorie der Rede. Rede verlangt einen der Absicht des Redners (zum Beispiel Informationsvermittlung, durch Überzeugen Meinungswandel bewirken) entsprechenden Stil und sprachlichen Ausdruck, der durch Satzbau, Wortwahl sowie Gedankenführung erreicht wird.
Rollenspielkarten mit verschiedenen Gesprächstypen vgl. Dr. M. Pabst-Weinschenk, „Reden im Studium", Grafiken S. 93 und 134

Rollenspielkarten bestehen aus Foto (evtl. auch aus einer Karikatur eines Gesprächstyps) und Kurzbeschreibung der Person. Sie können so allgemein gehalten werden, dass man sie in ganz unterschiedlichen Situationen, zu den verschiedensten Themen und mit den verschiedensten Zielgruppen einsetzen kann. Sie können aber auch spezifisch zu einem Thema entwickelt werden und (mehr oder weniger) detaillierte Meinungsäußerungen enthalten.

aus: Seminarmaterialien


Beim Streitsüchtigen muss der Gesprächsleiter sachlich und ruhig bleiben, er darf sich nicht auf einen persönlichen Streit mit ihm einlassen. Seine Punkte kann man als Frage an die Gruppe geben und ihn durch die Gruppe widerlegen lassen.

Auf den Positiven kann sich der Leiter verlassen. Er ist die Stütze der Diskussion. Ihn kann man beteiligen, zum Beispiel bei der Zusammenfassung von Ergebnissen oder bei anderen Aufgaben.

Die Wortmeldungen des Allwissers kann man nicht übersehen, aber es ist zum Teil möglich, sie durch Anerkennung seiner Erfahrungen zurückstellen: Wir wissen, daß Sie sich in diesem Gebiet gut auskennen, daß Sie Ihre Magisterarbeit darüber schreiben, aber ich würde gerne die Fragen oder Bedenken der anderen, vielleicht sogar speziell der Anfangssemester hören. Zu seinen Behauptungen sollte man auch immer die Gruppe um Stellungnahme bitten: Wie schätzen Sie diese Position ein? Teilen Sie die Meinung von XY?

Redselige, die häufig dazwischen reden und sich nicht an die Reihenfolge der Wortmeldungen halten, muss der Leiter immer wieder taktvoll unterbrechen: Entschuldigen Sie, aber Sie sind nicht an der Reihe. Ihr Kommilitone da hinten hatte sich schon länger gemeldet. Soll ich Sie auf die Rednerliste setzen? Eventuell muss man eine allgemeine Redezeitbegrenzung einführen, um allzu redselige Teilnehmer einzubremsen.

Schüchterne kann man durch Lob und Anerkennung ihrer Leistungen verstärken. Das habt das Selbstbewusstsein. Mit leichten Fragen aus ihrem Erfahrungsbereich kann man sie direkt ansprechen und in die Diskussion einbeziehen.

Beim Ablehnenden kann man versuchen, seinen Ehrgeiz zu wecken. Sieht er eine für ihn sinnvolle Aufgabe, so engagiert er sich. Man sollte seine Kenntnisse / Erfahrungen anerkennen und für die Diskussion nutzbar machen.

Dickfellige sind uninteressiert. Wenn man sie nach ihrer Arbeit fragt und Beispiele aus ihrem Interessenbereich anspricht, kann man sie einbeziehen.

Erhabene und hohe Tiere bestimmten in einer Diskussion nicht mehr und nicht weniger mit als alle anderen Teilnehmer. Wenn ihre Vorschläge nicht brauchbar sind, müssen sie kritisiert werden. Kritik sollte aber immer — nicht nur bei hohen Tieren — konstruktiv sein. Verstehende Zusammenfassungen vor der Kritik verbessern das Gesprächsklima.

Der Ausfrager kommt sich wie ein schlauer Fuchs vor, der den Diskussionsleiter aufs Glatteis führt. Seine Fragen muss man als Leiter nicht selbst beantworten, sondern man gibt sie am besten zur Stellungnahme an die Gruppe weiter.

aus: Dr. M. Pabst-Weinschenk, „Reden im Studium", S. 166f.

A

Sailer, Johann Michael Johann Michael Sailer ( 1751-1832): Über die Erziehung für Erzieher (1807) Prof. der katholische Theologie in Ingolstadt und Dillingen, später an der Universität Landshut, wo er pädagogische Vorlesungen hält. 1829 Bischof in Regensburg, vertritt die christliche Schule gegen die Aufklärungsschule. Ziel der Erziehung ist die Nachbildung des Göttlichen im Menschen zur Verherrlichung des Urbildes. Der Erzieher muss Vorbild sein: „Sei selbst ein Mensch, um Menschen zu bilden!" Die sokratische Methode hält er für die beste Lehrform. Leonhard Nelson: Die sokratische Methode. 1927

aus: Seminarmaterialien

Septem artes liberales
(die freien Künste)
(lat. die sieben freien Künste): in der römischen Antike die Kenntnisse beziehungsweise Wissenschaft(en), über die der freie Bürger verfügen sollte. In der Spätantike bildete sich für die freien Künste ein fester Kanon von sieben Fächern heraus, drei sprachliche (Grammatik, Rhetorik, Dialektik) und vier mathematische (Arithmetik, Geometrie, Astronomie, Musik), später Trivium („Dreiweg") und Quadrivium („Vierweg") genannt. Die freien Künste wurden an den mittelalterlichen Universitäten in der Artistenfakultät gelehrt; sie bildeten die Propädeutik für die höheren Fakultäten (Theologie, Recht, Medizin).
Sokrates gr. Philosoph, * Athen um 470 v. Chr., † ebd. 399 v. Chr.; Sohn des Steinmetzen Sophroniskos und der Hebamme Phainarete, ¥ mit Xanthippe. Wegen angeblicher Einführung neuer Götter und Verführung der Jugend wurde Sokrates zum Tod durch den Schierlingsbecher verurteilt. Das Sokrates nur mündlich lehrte und keine philosophischen Schriften verfasste, geben nur die sekundären Quellen seiner Schüler (Anthistenes, Xenophon, Platon u. a.) Auskunft über Lehre und Leben.

Sokrates war Sohn eines Bildhauers und einer Hebamme in Athen. Er vernachlässigte seinen Beruf als Handwerker und seine Familie. Die Vorwürfe seiner Frau Xanthippe sind bis heute bekannt. Sokrates lehrte wie die Sophisten Weisheit (sophistai). Die Sophisten vertraten keine objektiven Maßstäbe für Wahrheit und Gerechtigkeit, sondern für sie war Wirkung/Erfolg das vorrangige Kriterium. Sie lebten als Wanderlehrer und ließen sich für ihre Lehre bezahlen. Wegen der reinen Wirkungsbezogenheit hat der Begriff ‘Sophistik’ bis heute einen zweifelhaften Beigeschmack. Im Unterschied zu den Sophisten soll Sokrates unentgeltlich gelehrt haben, und hat nach Erkenntnis, nach dem Wahren gesucht. Sein Ideal ist das des innerlich freien Menschen, der das Gute um seiner selbst willen tut. Das Besondere seiner Lehre war seine Gesprächsmethode. Er führte durch Fragen seinen jeweiligen Gesprächspartner im Dialog dazu, dass dieser selbst zu neuen Erkenntnissen gelangen konnte. Von Sokrates selbst sind keine Schriften überliefert, aber sein Schüler Platon (427-347 v.Chr.) hat mehrere Sokrates-Dialoge aufgeschrieben.

aus: Seminarmaterialien

Sokrates-Dialoge Die wichtigsten Sokrates-Dialoge von Platon sind:
  1. Die Apologie: Nachdichtung der Verteidigungsrede Sokrates
  2. Kriton: Über die Hochachtung der Gesetze
  3. Protagoras: Auseinandersetzung mit der Sophistik über Tugend und ihre Lehrbarkeit
  4. Gorgias: Auch über Tugend und ihre Lehrbarkeit, wobei die egoistische Moral der Sophisten als ungenügend herausgestellt wird; Rhetorik genügt nicht als Bildungsmittel, unabdingbar ist das sittlich Gute, dem Politik, Musik und Dichtkunst untergeordnet werden.
  5. Menon: Über das Wesen der Erkenntnis als Wiedererinnerung und die Bedeutung der Mathematik
  6. Kratylos: Über die Sprache
  7. Symposion: Das Gastmahl. Der Eros als treibende Kraft des philosophischen Strebens nach dem Schönen und Guten, mit Lobrede des Alkibiades auf Sokrates, der den Eros (philosophisches Streben vom Sinnlichen zum Geistigen) vollkommen verkörpert.
  8. Phaidon: Über die Unsterblichkeit, Übersinnlichkeit und Ewigkeit der Seele, Ausgestaltung der platonischen Ideenlehre
  9. Politeia: Der Staat; umfangreichstes Werk; vom Einzelmenschen bis hin zur Gesellschaftslehre
  10. Phaidros: besonders wichtig für die Ideenlehre und seine Dreiteilung der Seele
  11. Theaitetos: erkenntnistheoretische Erörterung über das Wesen des Wissens und die Maieutik
  12. Timaios: Naturphilosophie, die Entstehung aller Naturwesen von den Weltkörpern bis zu den irdischen Lebewesen
  13. Kritias: unvollendet, enthält die berühmte Schilderung vom Untergang des sagenhaften Inselreiches Atlantis etwa 10.000 Jahre vor Platons Zeit, das bis heute Gegenstand immer neuer Vermutungen ist

aus: Seminarmaterialien

Sophisten (gr. „Weisheitslehrer"): griechische Gelehrte und Rhetoren des 5./ 4. Jahrhundert v. Chr., die eine höhere, zum politischen Handeln befähigende Bildung vermitteln wollten. Sie leiteten eine aufklärerische, auf den Menschen, seien Ethik und sein Erkenntnisvermögen ausgerichtete Epoche der griechischen Philosophie ein. Ihre Lehren bezogen sich vor allem auf Sprachtheorie (zum Beispiel Rhetorik, Poetik, Grammatik) und Ethik (Theorien über den Staat, Gesetz, Moral, Recht) und waren von einem gegen Tradition und Religion gerichteten erkenntnistheoretischen Skeptizismus geprägt. Zu den Sophisten zählen u. a. Protagoras, Thrasymachos, Kritias, Antiphon und Xeniades.

Die Sophisten haben den Grundstein für unser heutiges Didaktik-Denken geschaffen. Wenn uns heute selbstverständlich ist, dass Wissen und Können durch Lehren und Lernen erworben werden, so verdanken wir diese Grundüberzeugung den Sophisten. Im 5. Jahrhundert vor Christus war sie neu und revolutionär. Denn Wissen und Können - und damit die Befähigung zum erfolgreichen Reden und Handeln im Staat - galten bis dahin allein dem Mann von Adel als von Geburt an eigen. Die sophistischen Wanderlehrer haben begonnen, die grundsätzliche Bedeutung von Lehre zu reflektieren und öffentlich zu diskutieren. Damit haben sie sie auf eine rationale Grundlage gestellt und zum Gegenstand philosophischer Auseinandersetzung gemacht. Die Sophisten machten also den Gedanken der Didaktik bewusst, füllten ihn mit Inhalt und setzten ihn selbst in ihrer Lehre in die Praxis um. Sie waren Schöpfer von Grammatik, Rhetorik und Dialektik, die als téchnai (später in der römischen Rhetorik als artes) galten, also als lehrbare, auf Anwendung bezogene Theorien, die sich im praktischen Können erweisen. Durch die Sophisten wurde auch Dichtung zum Gegenstand der Lehre. Das Dichterwort steht nicht mehr für sich selbst, sondern wird im Literaturunterricht schulmäßig erklärt und interpretiert. Neben Rhetorik, Grammatik (einschließlich Dichtungsinterpretation) und Dialektik lehrten die Sophisten (z.B. Hippias) verschiedene Sachaspekte aus Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musiklehre. In diesen Lehrinhalten zeigt sich bereits die Lehrplan-Struktur der septem artes liberales mit trivium und quadrivium, die den höheren Unterricht im Mittelalter bis hin zur Gelehrtenschule des 18. Jahrhunderts ausmachten. Auch die Unterscheidung nach Lernvoraussetzungen und Bedingungen wurde von Sophisten bereits getroffen. So hat Protagoras, der älteste und einer der bekanntesten Sophisten, schon festgestellt, dass die Unterweisung (didaskalia) Begabung (physis) und Übung (askesis) brauche. Anlage, Vermittlung und Übung sind auch bei Platon und Aristoteles zentrale didaktische Aspekte. Quintilian schließlich sieht die Redegabe im Zusammenwirken von Natur (natura), Theorie (ars) und Übung (exercitatio) und ordnet die Nachahmung (imitatio), der schon Cicero große Bedeutung beigemessen hatte, der ars unter.

aus: Seminarmaterialien

Sophistik
  1. allgemein: die Kunst der Scheinbeweise, Wortverdrehung, Spitzfindigkeit
  2. Philosophie: die Lehre der Sophisten
Spieldebatte spielerische Debatte; Debatte mit gespielten Rollen in Form von Rollenkarten o. Ä.
Sprachproduktionsmodell  siehe Beitrag
Sprechausdruck Der Sprechausdruck (= Aussprache-Deutlichkeit; Lautstärke und -betonung; Tempo und Pausen / Füll-Laute; Melodieführung, Kadenzen; Klangfarbe der Stimme; ...) kommentiert als Metamitteilung die Worte und gibt an, wie sie zu verstehen sind. Denn über den Sprechausdruck vermitteln wir uns ständig unbewusst persönliche Informationen, die über die Worte hinausgehen und die Beziehung charakterisieren. Wir zeigen, wie wir uns verstehen, ob wir uns ärgern, und mit jemandem freuen oder gelangweilt sind etc. Das, was wir als Sinn einer Botschaft verstehen, wir wesentlich mit vom Sprechausdruck bestimmt.

aus: Dr. M. Pabst-Weinschenk, „Reden im Studium", S. 91

Sprecherziehung Ausbildung zu korrektem Sprechen, mit Übungen zu Atem- und Stimmtechnik, zur Lautbildung sowie zur künstlerischen Weitergabe von (literarischen) Texten
Sprechdenken Denken ist Voraussetzung für das Sprechen. In der Regel ergreift man nur dann das Wort und spricht etwas aus, wenn man anderen etwas mitzuteilen hat. Gedanken drängen zur Rede, das Denken vollendet sich im Wort. Denken und Sprechen verlaufen parallel, nicht nacheinander. Die Verfertigung der Gedanken beim Reden kann man in Unterhaltungen und Diskussionen überall beobachten. Man sieht, wenn sich in einer Diskussionsrunde einer vorlehnt oder aufrichtet, dass er einen Gedanken hat, den er aussprechen möchte. Bei Sprechbeginn hat er den Gedanken selbst noch gar nicht zu Ende gedacht. Er weiß noch nicht im einzelnen, was er wie formulieren wird. Erst während des Sprechens entwickelt er den Gedanken, und mit der Formulierung wird der Gedanke für den Sprecher selbst klar. Diese Möglichkeit zum Sprechdenken fördert das sokratische Gespräch. Innere und äußere Sprache Zwischen dem Gedanken und der Ausformulierung des Gedankens in der äußeren, für andere verständlichen Sprache steht die innere Sprache (vgl. Wygotski 1934). Sie kann als ein Denken in sprachlichen Begriffen aufgefasst werden. Die innere Sprache ist stark verkürzt und beschränkt sich auf die Hauptvorstellungen. Drängen Gedanken zur Rede, so werden sie in der inneren Sprache nicht direkt als ganze Sätze geplant und formuliert, die es nur noch auszusprechen gilt. Vielmehr wird in der inneren Sprache nur die Hauptvorstellung sprachlich gefasst. Der Sprechdenkprozess geht von diesen Hauptvorstellungen aus. Sie werden in die vorgegebenen Satzrahmen, die der Sprecher beherrscht, ausgeformt und mit Hilfe der sprecherischen Ausdrucksmittel für andere verständlich artikuliert. In einem Stichwortkonzept hält man nur seine Hauptvorstellungen in den eigenen Kürzeln fest. Denken und Sprechen laufen etwa gleichzeitig ab. Sie beeinflussen sich während des Sprechdenkvorgangs wechselseitig. Würde man nicht frei sprechdenkend die Hauptvorstellungen zu Sätzen formulieren, sondern ganze Sätze schon in Gedanken vollständig ausformulieren und dann aussprechen, so führte dies zu einer ständigen Phasenverschiebung zwischen Sprechen und Denken. Es würden lange Pausen zwischen den Sätzen entstehen, weil der nächste Satz erst wieder still (in Gedanken) vollständig vorgeplant werden müsste. Der Redefluss würde ins Stocken geraten. Dieses traditionelle sprecherzieherische Modell des Sprechdenkens wurde von bereits von Erich Drach, dem Begründer der modernen Sprechkunde und Sprecherziehung beschrieben. Moderne psycholinguistische Modellierungen des Sprachproduktionsprozesses bestätigt dieses didaktische Konzept. Lautes Lesen und Selbstgespräche Beim (halb)lauten Lesen versteht man schwierige Texte besser. Denn das Verstehen ist immer mit Impulsen an den Artikulationsorganen verbunden ist. Selbstgespräche werden oft als Verrücktheiten einzelner Menschen abgetan. Dabei handelt es sich entweder um Gefühlsausbrüche oder um Sprechdenken. Stößt man sich das Knie fest an einem Tischbein, kann man sich vor Schmerz ein lautes Aua meist nicht verkneifen. Oder wenn die gerade geordneten Notizblätter vom Schreibtisch rutschen, entfährt vielen vor Ärger ein Schimpfwort. Das Sprechdenken in Selbstgesprächen ist oft nur ein halblautes Sprechen. Es dient wie das laute Lesen schwieriger Texte dem besseren Verstehen. Selbstgespräche sind notwendig, wenn sich die Gedanken überstürzen, wenn man schwierige Probleme lösen oder tief im Gedächtnis vergrabene Inhalte wieder erinnern möchte. Alles, was einem in den Sinn kommt, wird direkt ausgesprochen und formuliert. Durch das Formulieren fügen sich die Gedanken in eine bestimmte Ordnung: man erkennt Reihenfolgen, Abhängigkeiten, Wechselbeziehungen usw. Aber auch bei alltäglichen Anlässen wie Einkaufszettel aufschreiben oder Tagesplan erstellen, murmeln manche vor sich hin: Was steht für heute auf dem Programm? Erst telefonieren, nein erst in der Akte nachschauen, dann anrufen, welche Punkte sind unklar? 1. ..., 2. ..., dann das Angebot faxen, E-Mails lesen, Teambesprechung ... Dass das Aussprechen dem Denken zu mehr Klarheit verhilft, wusste schon Heinrich von Kleist, der seine Beobachtungen über den Zusammenhang von Sprechen und Denken in dem Aufsatz „Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden" zusammengefasst hat. (1805/06) Fragen setzen das Sprechdenken in Gang Auf eine Frage weiß man immer eine Antwort bzw. entwickelt sprechdenkend eine mögliche Antwort. Die Frage-Strategie wird im sokratischen Gespräch benutzt. Man sich aber auch selbst rhetorische Fragen stellen, wenn man eine Sache klären will oder aus dem Stegreif Stellung nehmen soll. Mit der Frage-Strategie kann man auch neue Gedanken allmählich verfertigen, aber Vorsicht: Sie haben keine genaue Kontrolle über das, was Sie sprechdenkend entwickeln. Werden von Ihnen klare Positionen, bestimmte Preise, Leistungsangebote o. ä. erwartet, sollten Sie besser vorbereitet sein. Wenn Sie Ihre Positionen nicht vorher festgelegt haben, sondern sich nur auf Ihr entwickelndes Sprechdenken verlassen, sagen Sie vielleicht etwas, das Ihnen später leid tut. Wenn Sie sich im Nachhinein schon des öfteren über Ihre Angebote oder Zugeständnisse geärgert haben, kann das vielleicht daran liegen, dass Sie vorher Ihren Verhandlungsspielraum nicht genau genug festgelegt haben. Flüssiges Sprechdenken wird gefördert durch
  • einen Zielimpuls,
  • Mut zu Pausen, denn man braucht Zeit zum Überlegen;
  • keine Furcht vor Versprechern, Verbindungs- oder Füllwörtern, die einfließen können;
  • etwas Erregung, die als eigener Antrieb zur Gedankenklärung dient (also: etwas Anspannung ist gut, aber keine krampfhafte Verspannung mit falscher Hochatmung, die durch Adrenalinausstoß und schlechte Sauerstoffversorgung Denkblockaden erzeugt!);
  • Widerspruch, Unterbrechung oder Fragen eines anderen, denn sie treiben das Sprechdenken zur Klarheit voran;
  • das Zulassen und Benutzen der Gestik und
  • gute Sprachbeherrschung, griffbereite Sprache sowie
  • Gliederungshilfen zur Orientierung.

Literatur

  • Drach, Erich (1926): Die redenden Künste. Leipzig, S. 23f
  • Pabst-Weinschenk, Marita (1995): Reden im Studium. Ein Trainingsprogramm. Frankfurt/M., 27-48
  • Wygotski, Lew S. (1934): Sprechen und Denken. Frankfurt/M: Fischer 1977

aus: Seminarmaterialien

Sprechkunde Wissenschaft von der Sprecherziehung und Rhetorik (sowie ein diese Wissenschaften betreffendes Lehrbuch). Wichtige Teilbereiche sind die Psychologie und Soziologie der Sprachhandlung, die Physiologie und Phonetik des Sprechakts (Atem-, Stimm-, Lautbildung) sowie die Theorie der rhetorischen Kommunikation; untersucht die gesprochene Sprache aus der Sicht des Sprechers und Hörers.

A

TOP Tages-Ordnungs-Punkt
Trivium (lat. „Dreiweg"), ein Teil der freien Künste: die drei sprachlichen Bereiche (Grammatik, Rhetorik, Dialektik)

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Vier-Felder-Tafel
  • Vier-Felder-Tafel
    • Die Plakatwand wird mit einer Überschrift versehen und in vier Felder aufgeteilt. In jedem Feld wird ein thematischer Teilaspekt des Themas bearbeitet, z.B. Ist, Soll, Lösungen, Widerstände.

aus: Seminarmaterialien

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Wirkung von Gesprächsverhalten  siehe Beitrag